3.0 out of 5 stars
Ich hätte dieses Buch fast gemocht . . . (Spoiler eingeschlossen)
Reviewed in Germany 🇩🇪 on 27 May 2020
Denn entgegen seinen Vorgängern habe ich A - nicht auf die Handlung gewartet, die mir im Klappentext versprochen wurde (was sich als kluger Schachzug erwiesen hat) und empfand B - keine Passagen wirklich unnötig in die Länge gezogen. Die Geschichte hat sich in einem angenhemen Thempo entwickelt, Held und Heldin haben sich wirklich kennengelernt und an der ein oder anderen Ecke des jeweils anderen gestoßen (was man von einer "Vernunftehe" wohl erwartet, wobei hier das Wort Vernunftehe aber einfach vollkommen unpassend ist, doch dazu später mehr) und alles in allem war das hier gut 80 % des Buches ein überraschend gutes Lesevergnügen. Aber der Klappentext . . . zu dem ich mich auch in diesem Teil einfach nur negativ äußern kann (und bevor mir dafür jetzt wieder jemand aufs Dach steigt, ich bin der festen Überzeugung das man ein Buch niemals nie nach seinem Cover beurteilen sollte, man aber das Recht als Kunde hat eine Geschichte verkauft zu bekommen, die man anhand des Klappentextes gewählt hat, denn wie sonst soll man sich für ein Buch entsheiden?). Was hat der Klppentext den diesmal verbockt? Nun, für mein Verständniss suggeriert besagter Text das man sich in einem "Aus einer erzwungenen Vernunftehe das beste machen" - Szenario wiederfindet, was so leider nicht ganz stimmt. Bis Held und Heldin endlich rechtmäßig die Ehe geschlossen und vollzogen haben gehen 80% ! des Buches ins Land. Wirklich nicht uninteressant beschrieben oder sinnlos in die Länge gezogen, aber es wäre eben kein "Nach der Zwangsehe" -Szenario gewesen sondern ein "zur Ehe hinführen" - Szenario, was ich durchaus gewillt war zu vergessen; aber halt ... Nach der Eheschließung gibt es ja noch merkwürdige 5 Kapitel (Epilouge eingerechnet) zu füllen. Der geneigte Leser wird sich nun denken, was soll in 5 Kapiteln am Ende einer Geschichte noch groß passieren? Nun, Anne Gracie macht aus diesen 5 Kapiteln wirklich eine Menge. Angefangen wird mit dem Verschwinden des dukischen Mündels, das im ganzen Buch davor nur in einem einzigen kurzen Absatz erwähnt wird (wenn ich mich recht erinnere), allerdings nicht ein einziges mal gegenüber der Heldin, die die Existenz besagten Mündels ohne die kleinste gegenteilige Reaktion im vorbeigehen akzeptiert (warum sollte man auch seiner zukünftigen Frau gegenüber die rechtliche Verantwortung und Verantwortung für das heranwachsen eines 7 jährige Jungen erwähnen), fort setzt sich das ganze dann mit einer kurzen Reise zum Haus besagten Mündels, der Suche nach ihm, während der man herausfindet das ein zweiter Junge aus der Nachbarschaft vermisst wird und dass das dukische Mündel entfüht wurde, und kommt schließlich bei der etwas voreiligen Annahme an, das der sieben jährige Junge im Teich nebenan ertränkt wurde weil man die Lösegeldforderung unter der Fußmatte zu spät gefunden hat und seine herrenlosen Schuhe und die Hose dort findet. Und weil es im viktorianischen England offenbar vollkommen alltäglich ist das Kinder von Entführern in Teichen ertränkt werden, nimmt man den vermeindlichen Tot nicht nur absurd gelassen auf, sondern schiebt die endgültige Durchsuchung des Teiches natürlich erstmal zwei Tage auf (es eilt ja nicht mehr, tot ist offenbar tot), während denen nicht nur das Mündel lebendig wieder auftaucht, sondern auch der vermisste Junge aus der Nachbarschaft, die wie sich herausstellt Halbbrüder sind (denn die Entführung und das Wiederauftauchen von minderjährigem Adel ist offenbar nicht genug Plot für 5 Kapitel). Zwischendurch wälzt man sich dann noch fleißig in den Lacken, lässt die Heldin fast ertrinken (wobei das wirklich nur eine kleine Randnotiz war die man sich auch hätte sparen können), baut eine Bezeihung zu zwei Waisenjungen und zueinander auf, lebt glücklich einen ganzen Monat zusammen, verheddert sich in einer kleinen Meinungsverschiedenheit und verträgt sich wieder.
Ende
Und das ist dann auch tatsächlich erreicht wenn es um meinen Willen geht auch nur ein gutes Haar an Anne Gracie zu lassen. Ganz ehrlich, über die ersten 80 % des Buches dachte ich "Okay, das liest sich wirklich nicht so schlecht", und dann haben die letzten 20% einfach alles verdorben, weil man eben merkt das dieser Teil des Plots als Nachgedanke dazugezimmert wurde und definitv nicht als Teil der ganzen Geschichte erdacht wurde. Weil man ohne das dazugezimmerte Stück aber schon den kompletten Verlauf der Geschichte, nähmlich: "Held will Heldin die Held nicht will, worauf dieser sie mir unlauteren Mitteln zur Ehe zwingt, die sie in einem skandalträchtigen roten Hochzeitskleid beginnt", im Klappentext verraten hätte muss man natürlich noch irgendetwas hinten dran bastlen, ob das nun Sinn ergibt (ich meine, Sinn ergibt die ganze Sache natürlich schon, der ganze Aufbau ist nur einfach absurd) oder mit dem Rest der Geschichte zusammen passt oder als Nachgedanke drangeschnürt wirkt ist ja egal, der dumme Leser zahlt schon dafür und fertig.
Ich lobe mir an dieser Stelle eine Loretta Chase und Tessa Dare, die zwar nicht unbedingt immer pünktlich einmal im Jahr ein Buch veröffentlichen, sich aber Zeit nehmen eine Geschichte zu schreiben die Ihren Fähigkeiten entspricht, und ihre Geschichte so gut machen wollen wie es ihnen möglich ist, auch wenn man eben etwas länger daran arbeitet.
Das war definitv mein letzes Buch von Anne Gracie.
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